Von Kiew nach Bayern: Eine Mutter und ihre Jungs

Der Augsburger Redakteur Uli John-Ertle hat eine Mutter mit ihren beiden Jungs bei sich zu Hause in der Nähe von Garmisch-Patenkirchen aufgenommen. Wir haben mit ihm gesprochen, um mehr über seine Erfahrungen zu erfahren.

Uli, können sie ihre situation kurz beschreiben?

Wir haben drei Leute aufgenommen – eine Mama mit ihren beiden Jungs (6 und 8 Jahre alt). Die Familie kommt aus Kiew. Der Vater ist noch dort und kämpft. Wir haben ein großes Haus, für unsere Gäste aus der Ukraine gibt es einen eigenen Wohn-/ Schlafraum, ein eigenes Bad sowie eine kleine, improvisierte Küche.

wie haben sie ihr zuhause vorbereitet und was hat im nachhinein besonders gut funktioniert?

Wir haben eine kleine Küche eingerichtet mit Kochplatten, Geschirr, den notwendigen Küchenutensilien und einem Kühlschrank. Der Rest war eigentlich vorhanden. Meine Kinder haben für die Gäste Bilder gemalt, wir haben Lebensmittel für die ersten Tage gekauft. Und das war’s schon …

Hilfreich war allerdings, dass wir vorher schon Kontakt zu Familien aus der Ukraine hatten, die schon ein paar Tage eher in der Nachbarschaft untergekommen sind.“

Uli John-Ertle, Gastgeber für eine ukrainische Familie

was hat besonders geholfen?

Wir haben das im Großen und Ganzen ohne Unterstützung von außen gemacht. Hilfreich war allerdings, dass wir vorher schon Kontakt zu Familien aus der Ukraine hatten, die schon ein paar Tage eher in der Nachbarschaft untergekommen sind.

wie ist die erste woche gelaufen?

Es ist ein Abtasten, ein Ausloten von Wünschen und Grenzen, ein Sich-Kennelernen und dem anderen mit Respekt und Zurückhaltung begegnen. Wir sind uns sympathisch, haben eine ganz gute Ebene gefunden. Was extrem hilft, sind die Englisch-Kenntnisse der Mutter. Die Kinder verstehen sich auch ohne Worte gut. Die haben eh eine universelle Sprache.

Es ist ein Abtasten, ein Ausloten von Wünschen und Grenzen, ein Sich-Kennenlernen und dem anderen mit Respekt und Zurückhaltung begegnen.“

Uli John-Ertle, Gastgeber für eine ukrainische Familie

was waren die größten bürokratischen baustellen, mit denen sie anfangs zu tun hatten?

Die Bürokratie ist grundsätzlich der Wahnsinn! Ohne die Hilfe ehrenamtlicher Helfer:innen, die das regelmäßig machen, wären wir nicht in der Lage gewesen, die Formulare auszufüllen. Und nebenbei bemerkt: Da wird die Grenze zur Demütigung bei der einen oder anderen Frage schon deutlich überschritten. Ich hab mich geschämt, diese Fragen für unsere Gäste zu übersetzen. Die Haltung, die dahintersteht ist: Wir trauen dir nicht über den Weg.

gibt es etwas, das man hätte einfacher machen können?

Kommt darauf an, wer mit „man“ gemeint ist. Wenn es unserer Gesellschaft gelingt, niederschwellige Angebote für die Kinder (Schule / Kindergarten / Freizeit / Sportverein) zu etablieren, ist schon sehr vieles gelungen. Wenn dann die Erwachsenen in einen Job vermittelt werden können und zeitnah auf eigenen Beinen stehen, ist das mehr, als man sich 2015 hätte erträumen können.